Weihnachtszeit und Autismus: Wie Sie mit Reizüberflutung, sozialem Druck und Erwartungen umgehen können

Die Weihnachtszeit bringt für viele Menschen bereits spürbaren Stress mit sich. Sobald die Adventszeit beginnt, die ersten Weihnachtsmärkte aufgebaut werden, werden Städte voller, Wege lauter und die allgemeine Umgebung hektischer. Wenn Sie im Autismus-Spektrum leben, fallen diese Veränderungen oft besonders deutlich auf: Menschenmengen auf Weihnachtsmärkten, Touristenströme in der Innenstadt, blinkende Lichter, laute Musik, starke Gerüche und dichtes Gedränge können schnell zu Reizüberflutung führen. Viele Betroffene empfinden die Advents- und Weihnachtszeit deshalb nicht als gemütliche Jahreszeit, sondern als Phase, in der der Alltag unübersichtlicher wird und die Belastung zunimmt.

Gleichzeitig steigen die sozialen Erwartungen. Einladungen zu Weihnachtsfeiern, Treffen mit Freunden oder Familientreffen häufen sich, und es entsteht schnell das Gefühl, überall mitmachen zu müssen. Viele Menschen im Autismus-Spektrum erleben diesen Druck sehr intensiv, weil er unausgesprochen vermittelt, dass Teilnahme selbstverständlich sein sollte. Vielleicht kennen Sie das: Man sagt Ja, obwohl man innerlich merkt, dass es eigentlich zu viel ist. Oder man bleibt länger, als es guttut, weil man niemanden enttäuschen möchte oder glaubt, dass man „durchhalten“ muss. Doch dieses Aushalten kann viel Energie kosten – und manchmal mehr, als Ihnen zur Verfügung steht.

Deshalb ist es besonders wichtig zu wissen: Sie müssen nichts aushalten, was Ihnen nicht guttut. Sie müssen sich nicht zwingen, irgendwo zu bleiben oder an etwas teilzunehmen. Es gibt keine gesellschaftliche Verpflichtung, Weihnachten zu feiern oder an Feierlichkeiten teilzunehmen. Selbstfürsorge bedeutet gerade in der Weihnachtszeit, ehrlich zu Ihren eigenen Grenzen zu stehen und sie auch klar zu kommunizieren. Wenn Ihnen eine Feier, ein Treffen oder ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt zu viel wird, dürfen Sie absagen. Ohne schlechtes Gewissen. Wenn Sie während eines Treffens merken, dass die Situation überfordernd wird, dürfen Sie gehen. Ohne Rechtfertigungen. Und wenn Sie Weihnachten überhaupt nicht feiern möchten, ist das genauso richtig und legitim.

Vielleicht möchten Sie bestimmte Treffen trotzdem wahrnehmen, aber auf Ihre Weise: kürzer, ruhiger, mit Pausen oder einer klaren Absprache. Vielleicht brauchen Sie einen Rückzugsort, feste Abläufe oder die Möglichkeit, flexibel zu bleiben. Oder Sie entscheiden sich bewusst dafür, die Weihnachtszeit für sich so ruhig wie möglich zu gestalten. Jede dieser Entscheidungen ist richtig. Selbstfürsorge bedeutet, sich zu erlauben, Bedürfnisse ernst zu nehmen – auch dann, wenn andere sie vielleicht nicht verstehen.

Viele Menschen im Autismus-Spektrum erleben die Weihnachtszeit intensiver als andere, und es ist völlig in Ordnung, dass Ihre Form von Weihnachten anders aussieht. Wichtig ist nicht, was erwartet wird – sondern dass Sie gut durch diese Zeit kommen, ohne sich zu überfordern. Weihnachten muss nicht perfekt, gesellig oder laut sein. Es darf leise sein. Es darf anders sein. Und es darf genauso stattfinden – oder auch nicht stattfinden – wie es Ihnen guttut.

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